Inhaltszusammenfassung:
Das Nervensystem zeichnet sich durch eine hochkomplexe Struktur aus, die es
benötigt, um seine Aufgaben zu erfüllen. Es ist aus zwei zu unterscheidenden
Zelltypen aufgebaut, den Nervenzellen, die die Informationen leiten und
verarbeiten, und den Gliazellen, die verschiedenste Aufgaben übernehmen, von
der Umscheidung der Axone bis zur Organisation des Aufbaus der
Gewebearchitektur während der Entwicklung. Wichtig hierfür sind, neben
anderen Mechanismen, verschiedene Zelloberflächenproteine. Unter diesen
sind die Cadherine eine herausragende Gruppe.
In dieser Arbeit wurde die Rolle einer Subpopulation von Gliazellen am Sehnervenkopf
in der Retina des Hühnchens während der frühen
Embryonalentwicklung untersucht. Diese hebt sich von anderen Gliazellen
durch ihre eigene Morphologie und ihre R-Cadherin Expression ab. Es bestand
in der Literatur der Verdacht, dass diese Zellen am Zustandekommen der
Avaskularität der Netzhaut und eventuell an der Leitung der Ganglienzell-Axone
beteiligt sein könnten.
Um diese Vermutung zu untersuchen, wurden Embryonen eierschalenlos
kultiviert und ihnen eine anti-R-Cadherin-Antikörper und Komplementfaktoren
enthaltende Lösung in die Augen injiziert, um diese sogenannten peripapillären
Gliazellen zu lysieren. Die Effekte der Zell-Lyse wurden mit Immunfluoreszenz-,
Licht- und Elektronenmikroskopie ausgewertet.
Es zeigte sich, dass die peripapillären Gliazellen wider Erwarten nicht an der
Erhaltung der Avaskularität der Retina beteiligt sind. Auch ohne sie wuchsen
keine Blutgefäße in die Retina ein. Weiter war aber zu beobachten, dass sie
wichtiger Teil eines Glia-Gerüstes sind, das für die korrekte Leitung der
Ganglienzell-Axone aus der Retina in den Sehnerven notwendig ist. Ohne sie
wachsen die Axone in den subretinalen Spalt und das retinale Pigmentepithel
ein. Zusätzlich wurde noch entdeckt, dass die ebenfalls R-Cadherinexprimierenden
Müllerzellen nicht vollständig lysiert wurden, sondern lediglich
die vitrealen Fortsätze, die, im Gegensatz zum Zellsoma und anderen
Fortsätzen, R-Cadherin exprimieren.
Abstract:
The nervous system stands out for its highly complex structure, which it needs
to carry out its duties. It is composed of two distinguishable cell types, the nerve
cells which pass on and process the information, and the glial cells which take
over several duties from the ensheathment of axons to the organisation of
building up the tissue-architecture during development. Important for this are,
besides other mechanisms, different cell-surface proteins. Among these,
Cadherins are an outstanding group.
In this dissertation the role of a subpopulation of glial cells at the optic nerve
head of the chicken retina during early embryonic development has been
examined. It can be distinguished from other glial cells by its own morphology
and its R-Cadherin expression. In literature it has been suspected that these
cells could be involved in generating avascularity of the retina and probably in
axonal guidance.
To examine this suspicion the embryos were cultivated shell-less and a
solution, which contained anti-R-Cadherin-antibodies and complement, was
injected into their eyes in order to lyse this so-called peripapillary glial cells. The
effects of the cell-lysis were analysed by Immunofluorescence-, Light- and
Electron-Microscopy.
It turned out that, contrary to expectation, the peripapillary glial cells were not
involved in the preservation of avascularity of the retina. Even without them no
blood vessels grew into the retina. Furthermore, it could be observed that they
are an important part of a glial scaffold, which is necessary for the correct
guidance of retinal axons into the optic nerve. Without them the axons grow into
the subretinal cleft and into the retinal pigment-epithelium. Additionally, it has
been discovered that the Müller-cells, which also express R-Cadherin, were not
completely lysed, but only their vitreal endfeet which express R-Cadherin,
contrary to the cell-soma and other endfeet.