Inhaltszusammenfassung:
Brustkrebs ist die häufigste Krebsart bei Frauen und macht 30 % aller neuen Krebsdiagnosen aus. Es wird geschätzt, dass 5-10 % der Brustkrebsfälle auf erbliche genetische Faktoren zurückzuführen sind. Etwa 25 von insgesamt mehr als 300 Genen, die mit der DNA-Reparaturmaschinerie und der Aufrechterhaltung der Genom-Integrität in Verbindung gebracht werden, werden mit HBOC in Verbindung gebracht. Pathogene Varianten in BRCA1 und BRCA2, zwei Gene, die an der homologen Rekombination Reparatur (HRR) beteiligt sind, erklären etwa 24 % aller HBOC-Fälle. Die Penetranz der pathogenen Varianten in BRCA1 ist jedoch nicht vollständig und das Gesamtrisiko, bis zum Alter von 80 Jahren an Brustkrebs zu erkranken, beträgt bei BRCA1-PV-Trägerinnen 72 %. Es wurde beschrieben, dass mehrere Faktoren, darunter genetische Einflüsse und Umweltfaktoren, das Brustkrebsrisiko von BRCA1-PV-Trägerinnen beeinflussen. Zu den Umweltfaktoren gehören die Geburtskohorte, das Alter bei der Menarche, die Anzahl der Schwangerschaften, Schwangerschaftsabbrüche, orale Kontrazeptiva und prophylaktische Oophorektomie. Bei den genetischen Faktoren handelt es sich entweder um die Variation der Art und des Ortes der Varianten innerhalb des BRCA1-Gens oder um andere Modifikatorgene. In dieser Studie untersuchten wir die doppelte Heterozygotie für pathogene BRCA1-Varianten und seltene trunkierende Varianten in 313 DNA-Reparaturgenen. Hierfür wurden im Rahmen einer extremen Phänotyp-Selektion 113 Frauen mit BRCA1-PV mit frühem oder spätem Auftreten von Brustkrebs für diese Studie ausgewählt. Die Patientinnen wurden mit einem Gen-Panel mittes NGS sequenziert. Von den insgesamt 3703 detektierten Varianten waren 43 (1,2 %) seltene trunkierende Varianten. 26 Frauen in der Gruppe mit frühem AAO wiesen Im Vergleich zu 16 Kontrollpersonen trunkierende Varianten auf (35,6%; 95%-CI 24,7 - 47,7%). Unter Berücksichtigung der Umweltfaktoren haben wir die Variantenlast in Genen der DNA-Reparatur in diesen Kohorten verglichen. Dabei wurde ein Trend zu einer früheren Erkrankung an Brustkrebs bei zusätzlich vorhandenen trunkierenden Varianten in DNA-Reparatur-Genen nachgewiesen (OR: 3,1; 95%-CI 0,92 bis 11,5; p-Wert = 0,07). Im zweiten Teil dieser Studie untersuchten wir die Rolle eines bekannten Polymorphismus (p.Val158Met) und einer kürzlich beschriebenen seltenen synonymen Variante (p.Leu203Leu) im COMT-Gen für das Auftreten von Brustkrebs bei BRCA1- und BRCA2-PV-Trägern. Ein leicht signifikanter Zusammenhang zwischen dem Vorhandensein von einer oder zwei Kopien des mutierten Allels mit geringer Aktivität (p.Val158Met) und dem späteren Auftreten von Brustkrebs wurde bei BRCA1/2-positiven Frauen festgestellt. In Übereinstimmung mit den vom Consortium of Investigators of Modifiers of BRCA1/2 (CIMBA) vorgelegten Ergebnissen konnten wir keine schützende Rolle für die seltene synonyme Variante (p.Leu203Leu) im COMT-Gen vor dem Auftreten von Brustkrebs bei BRCA1/2-positiven Frauen feststellen. Unsere Studie zeigt, dass zusätzliche trunkierende Varianten in DNA-Reparatursignalwegen die Penetranz von pathogenen BRCA1-Varianten beeinflussen können. Größere Studien sind erforderlich, um diesen Effekt zu bestätigen. Die getesteten Varianten in COMT, einem weiteren Kandidaten für die Modifizierung der BRCA1-Penetranz, standen in dieser Studie nicht mit dem Brustkrebsrisiko in Verbindung. Eine immer präzisere Abschätzung des Erkrankungsrisikos ermöglicht ein individualisiertes Vorgehen bei BRCA1-Anlageträgerinnen und trägt dazu bei, eine Über- oder Unterbehandlung zu vermeiden.