Inhaltszusammenfassung:
Das IPS, eine der häufigsten neurodegenerativen Erkrankungen weltweit, zeichnet sich durch eine lange prodromale Phase aus. Die klinische Diagnose erfolgt oft erst durch das Vorhandensein typischer motorischer Symptome, wenn mehr als 50 Prozent der dopaminergen Neurone des nigrostriatalen Systems zerstört sind. Es ist bekannt, dass eine Reihe von nicht-motorischen Merkmalen den motorischen Manifestationen des IPS vorausgehen. Es gibt demnach einen Zeitraum, in dem der pathologische Prozess begonnen hat, aber die für die klinische Diagnose erforderlichen motorischen Zeichen fehlen. Eine frühzeitige Diagnose, idealerweise in der Prodromalphase, wird immer bedeutsamer, insbesondere im Hinblick auf die potenzielle Entwicklung von neuroprotektiven Substanzen und deren frühzeitigen Einsatz.
Die vorliegende Arbeit untersuchte im Rahmen der TREND-Studie mit Hilfe eines hochpräzisen Drucksensors des Q-Motor Testsystems die Feinmotorik beim Speeded-Tapping der oberen und unteren Extremitäten. Es wurden 822 Probanden verglichen, hiervon 297 mit mindestens einem der Prodromalmarker für ein IPS wie Depression, Rapid Eye Movement Behavior Disorder und Hyposmie bzw. deren Kombinationen.
Es wurde untersucht, ob Assoziationen zwischen ausgesuchten Parametern der Q-Motor Testung und den Gruppen bestehen, bzw. ob diese bereits bei Probanden mit den genannten Prodromalmarkern für ein IPS verändert sind. Die untersuchten Parameter stehen hierbei für die Geschwindigkeit, die Rhythmizität, die Kraft bzw. die Bewegungsamplitude und deren Gleichmäßigkeit sowie die Seitendominanz der ausgeführten Bewegung. Die durchgeführte Analyse der Querschnittsdaten der Feinmotorik-Untersuchung zeigte signifikante Unterschiede zwischen den untersuchten Gruppen in Bezug auf eingesetzte Kraft (TF mean) und deren Gleichmäßigkeit (TF CoV), Rhythmizität (IPI SD) und Lateralität. So konnten folgende Assoziationen zwischen den nachfolgend genannten Parametern des repetitiven Tappens und IPS-Prodromalmarkern gefunden werden:
In Bezug auf die Gleichmäßigkeit der eingesetzten Kraft, gemessen durch TF CoV, im Speeded Finger-Tapping zeigte die RBD-Gruppe höhere Werte im Vergleich zu den anderen Gruppen mit jeweils einem Prodromalmarker. Da bekannt ist, dass IPS-Patienten ebenfalls eine erhöhte Variabilität in ihren Bewegungsabläufen aufweisen, scheint der TF CoV ein geeigneter Parameter zu sein, um zwischen den verschiedenen Prodromal-Gruppen zu differenzieren.
Die RBD-Gruppe zeigte jedoch auch eine höhere TF mean im Vergleich zu der Kontroll- und zur DEP-Gruppe. Interessanterweise wird in der Literatur bei IPS-Patienten bei vergleichbaren Bewegungsanalysen ein erniedrigter Maximaldruck und Amplitude beschrieben. Möglicherweise lässt sich dieser Sachverhalt damit erklären, dass Patienten mit RBD im Prodromalstadium des IPS das vorhandene dopaminerge und funktionell-motorische Defizit überkompensieren und dadurch eine erhöhte Kraft entwickeln. Im späteren klinisch erkennbaren Stadium des IPS kehrt sich dieser Effekt um, da das dopaminerge Defizit weiter voranschreitet und die Kompensationsmechanismen zunehmend erschöpft sind.
In der Untersuchung des Speeded Fuß-Tapping konnte in der Gruppe der Hyposmiker eine höhere Standardabweichung bezüglich der IPI im Vergleich zur Kontroll- und DEP-Gruppe detektiert werden, sodass bei den Hyposmikern von einer schlechteren Rhythmusfähigkeit der unteren Extremitäten ausgegangen werden kann. Es kann angenommen werden, dass die Hyposmie, wie bereits in der Literatur beschrieben, neben anderen Prodromalmarkern relevant in der Früherkennung des IPS sein wird. Ebenso scheint der Parameter IPI SD geeignet zu sein, um Gruppen mit möglichen Prodromalmarkern für ein IPS unterscheiden zu können. Dies wird durch die bereits bekannte Annahme, dass IPS-Patienten im Vergleich zu gesunden Kontrollen eine erhöhte Arrhythmizität aufweisen, unterstrichen.
Eine auf eine Bradykinese hinweisende langsamere Tapping-Geschwindigkeit konnte in den untersuchten Gruppen weder beim Finger- noch beim Fuß-Tapping festgestellt werden. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass IPI mean kein geeigneter Parameter zur Unterscheidung zwischen gesunder Kontrollgruppe und Probanden mit einem oder mehreren Prodromalmarkern darstellt.
In dieser Arbeit wurde zudem der Frage nachgegangen, ob eine Assoziation von Lateralisierung bei repetitivem Tappen mit den Prodromalmarkern für ein IPS bzw. deren Kombinationen vorliegt. Die RBD-Gruppe hatte auch hier erneut die größten Auffälligkeiten: Im Finger-Tapping zeigte sie größere Seitenunterschiede in Bezug auf die eingesetzte Kraft des einzelnen Taps (TF mean) als die anderen Gruppen. Dies liegt vermutlich darin begründet, dass ein Großteil der Menschen, die an RBD leiden im Verlauf auch an einem IPS erkranken und gegegebnenfalls somit auch deren Motorik bereits früh eine Seitenbetonung aufweist. Ob Lateralisierung als Prodromalmarker im Rahmen der Früherkennung des IPS geeignet ist, kann im Rahmen der Querschnittsanalyse aus der zweiten Erhebungsrunde nicht ausreichend geklärt werden, allerdings sollte diesem Sachverhalt im weiteren Verlauf der TREND-Studie durch den Vergleich longitudinal erhobener Q-Motor-Daten nachgegangen werden.
Insgesamt fiel auf, dass das Fuß-Tapping weniger signifikante Ergebnisse, als das Finger-Tapping lieferte. Dies könnte in den beim IPS oft an den oberen Extremitäten früher auftretenden motorischen Einschränkungen begründet liegen. Es wird angenommen, dass die dopaminerge Degeneration des nigrostriatalen Systems einem somatotopen Muster folgt, beginnend mit den Bereichen, die für die Arme und Hände stehen.
Zusammenfassend deuten die Ergebnisse dieser Arbeit darauf hin, dass nicht nur die quantitative Anzahl von Prodromalmarkern, sondern auch deren Art von Bedeutung ist. Besondere Aufmerksamkeit sollten nach den Erkenntnissen dieser Arbeit vor allem auf die Prodromalmarker Hyposmie und RBD gelegt werden. Es sind unabhängige Studien in diesem Bereich notwendig, um die präsentierten Ergebnisse zu bestätigen und zusätzliche Erkenntnisse über die klinische Relevanz der genannten Auffälligkeiten zu erlangen.