Inhaltszusammenfassung:
Die Therapie lokalisierter und lokal fortgeschrittener Adenokarzinome des gastroösophagealen Überganges erfolgt interdisziplinär in kurativer Intention. Ziel ist die komplette operative Entfernung des Tumors. Das Gesamtüberleben der 110 im Zeitraum 01.01.2015 - 03.06.2020 am Universitätsklinikum operierten Patienten wurde ausgewertet und hinsichtlich Einflussfaktoren analysiert. Dabei wurden folgende Fragen gestellt:
1. Wie ist die Überlebenszeit unserer Patienten, die operativ behandelt wurden?
2. Welche prognostischen Faktoren können bei unseren Patienten identifiziert werden?
3. Ergibt sich ein Unterschied im Überleben durch eine neoadjuvante Radiochemotherapie versus perioperative Chemotherapie?
4. Besteht bei unseren Patienten im Stadium cT2 cN0 mit Neoadjuvanz eine höhere Überlebenswahrscheinlichkeit als ohne Neoadjuvanz?
Es handelt sich um eine retrospektive Single Center Study. Eingeschlossen wurden Patienten mit Adenokarzinom des gastroösophagealen Überganges (ICD-10 C16.0) nach kurativ intendierter chirurgischer Intervention (OPS 5-42 bis OPS 5-44). Es konnten 110 Patienten in die Studie eingeschlossen
werden. Die Studienpopulation wurde vom Zeitpunkt der Erstdiagnose bis zum 30.03.2021 (Stichtag) beobachtet. Als Studienendpunkt wurde das Versterben der Patienten gesetzt. Die Berechnung der Überlebenswahrscheinlichkeit erfolgte nach Kaplan - Meier. Die Überlebenswahrscheinlichkeit wurde ab dem Tag der Operation berechnet. Die statistische Signifikanz wurden mittels Wilcoxon - Test mit einem Signifikanzniveau von p < 0,05 ermittelt.
Die Auswertung ergab ein medianes Überleben unserer Patienten von 18,6 Monaten. Die Überlebensdaten sind vergleichbar mit publizierten retrospektiven Auswertungen außerhalb von randomisierten Studien. Darum liegt das mediane Überleben der am Universitätsklinikum Tübingen im Studienzeitraum behandelten Patienten innerhalb des zu erwartenden Ergebnisses. Als wichtigster prognostischer Faktor für ein verlängertes medianes Überleben konnten ein negativer Resektionsrandstatus (R0, p < 0,0001) sowie eine komplette Tumorregression nach neoadjuvanter Therapie (CR, p = 0,003) bestätigt werden. Ein Unterschied im medianen Überleben zwischen Patienten mit neoadjuvanter Radiochemotherapie oder mit perioperativer Chemotherapie hinsichtlich Überlebenswahrscheinlichkeit (p = 0,44) oder Komplikationshäufigkeit (p = 0,85) ließ sich nicht darstellen. Die neoadjuvante Therapie darf somit dem Tumorstaging und den individuellen Patientencharakteristika entsprechend ausgewählt werden. Für Patienten im Stadium cT2 cN0 (UICC IIb) wurde eine Korrelation zwischen einer verlängerten Überlebenswahrscheinlichkeit und der Durchführung einer neoadjuvanten Therapie nachgewiesen werden (p = 0,04). Die Daten weisen auf einen Nutzen der neoadjuvanten Therapie auch bei dieser Gruppe hin, so dass bei fehlender
Kontraindikation zugunsten einer neoadjuvanten Therapie entschieden werden sollte. Die Lymphknotenratio als noch diskutierter prognostischer Parameter zeigte eine deutliche Korrelation zur Überlebenswahrscheinlichkeit (p < 0,001), so dass die Aufnahme in reguläre Stagingsysteme befürwortet wird. Die Auswertung des postoperativen Verlaufes ergab eine höhere Mortalität bei früh-postoperativen Komplikationen, so dass neben der optimalen Vorbehandlung und R0 - Tumorresektion ein hervorragendes Komplikationsmanagement für das Überleben der Patienten essentiell ist.