Inhaltszusammenfassung:
Fragestellungen: Vorgängerstudien zur Passivrauchbelastung Schwangerer haben bisher vor allem die gesundheitlichen Auswirkungen der Exposition auf den Fötus im Fokus Ihres Interesses. Forschung, welche die Ursachen und Bedingungen der Passivrauchbelastung genauer beleuchtet, fehlt bislang. Daher lassen sich aus dem aktuellen Forschungsstand keine Hypothesen, sondern nur allgemeinere Fragestellungen begründen und die vorliegende Studie wurde explorativ angelegt. Die konkreten Fragestellungen lauteten: 1. Wie hängt der Substanzkonsum der Schwangeren und/oder der ihres Partners mit der erlebten Passivrauchbelastung der werdenden Mutter zusammen? 2. Welche soziodemographischen Faktoren spielen eine Rolle in Bezug auf die Passivrauchbelastung Schwangerer? 3. Gibt es spezielle persönlichen Merkmale der Schwangeren, die für ihre Passivrauchbelastung bedeutsam sind? 4. Gibt es bestimmte Merkmale der Partnerschaft, die mit einer erhöhten Passivrauchbelastung in Zusammenhang stehen?
Methodik: Die Studie Gesunde Mütter – Gesunde Kinder (GMGK) erfolgte im Rahmen einer anonymen online-Befragung in Deutschland mit dem Befragungstool SoSci Survey, welche mittels PC, Tablet oder Smartphone durchgeführt werden konnte. Die Bereiche soziodemographische Daten, Substanzkonsum, soziale Unterstützung, Persönlichkeitseigenschaften, Lebenszufriedenheit, Partnerschaft, körperliches Wohlbefinden, Depressivität, Resilienz und Religiosität/Spiritualität wurden an 180 Schwangeren zwischen 18 und 41 Jahren untersucht.
Ergebnisse: Eine höhere Passivrauchbelastung während der Schwangerschaft korrelierte mit einem häufiger rauchenden oder Cannabis konsumierenden Partner, einer größeren Anzahl an rauchenden Schwangeren, der Ungeplantheit der Schwangerschaft und mit mehr Gewalt in der Beziehung. Rauchen in der Wohnung ist häufiger bei Schwangeren mit täglicher Passivrauchbelastung, wobei andere Orte ebenfalls eine bedeutende Rolle spielen müssen. Das Vorhandensein einer festen Partnerschaft, eine hohe Lebensqualität und wenige depressive Symptome, der Faktor Religiosität/Spiritualität und ein höheres Maß an Resilienz, insbesondere an sich selbst zugeschriebener persönlicher Kompetenz und Selbstakzeptanz stehen mit einer geringeren Passivrauchbelastung in Zusammenhang. Wer besser genießen konnte, hatte ebenfalls eine geringere Exposition. Schwangere ohne Passivrauchbelastung haben tendenziell ein höheres Alter und höhere Bildungs- und Einkommensniveaus.
Diskussion: Der Zusammenhang zwischen der Passivrauchbelastung einer Schwangeren und den Merkmalen, welche die Schwangere selbst und ihre Partnerschaft betreffen ist ein bisher kaum erforschtes Gebiet. Die meisten Studien konzentrieren sich bislang auf die Auswirkungen aktiven oder passiven Rauchens auf den Fötus. Einen Schritt vorher anzusetzen im Sinne der Primär- oder Sekundärprävention ist ein dementsprechend umso wichtigeres und vielversprechendes Unterfangen. Die Studie untersuchte unter anderem einige sehr sensible Themen, sei es der aktive Konsum von Suchtmitteln durch die Schwangere und/oder den Partner oder beispielsweise das Thema Gewalt in der Beziehung. Selbst unter den anonymen Bedingungen eines Online-Fragebogens musste ein erheblicher Aufwand betrieben werden, um genügend Studienteilnehmerinnen zu erreichen, die sich mit diesen Themen beschäftigen wollten. Zusammenfassend ist es nötig, einen stärkeren Fokus auf die herauskristallisierten problematischen Faktoren wie den Zigaretten- und/oder Cannabiskonsum des Partners, die Ungeplantheit einer Schwangerschaft, Rauchen in der Wohnung und Gewalt in der Beziehung zu legen. Ebenso sollten die sich günstig auswirkenden Faktoren gute Lebensqualität, wenige depressive Symptome, Genussfähigkeit, Resilienz und Religiosität/Spiritualität der Schwangeren miteinbezogen und gestärkt und werden. Dies könnte in Form von vermehrter Aufklärungsarbeit an Schulen, bei Hausärzten, Gynäkologen und an Orten wie beispielsweise in öffentlichen Verkehrsmitteln und auch zur Sensibilisierung am Arbeitsplatz erfolgen. Durch die Ergebnisse der Studie könnten im Rahmen einer Primär- oder Sekundärprävention spezifischere Interventionen entwickelt werden zur Verbesserung der Bedingungen für die werdende Mutter und letztendlich für die gesamte Familie. Dies könnte Gegenstand weiterführender Studien sein.