Perspektive niedergelassener Ärzte auf die bedrohte ambulante Versorgungsstruktur und mögliche Lösungsansätze - am Beispiel eines ländlichen Landkreises

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Zitierfähiger Link (URI): http://hdl.handle.net/10900/152842
http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:21-dspace-1528429
http://dx.doi.org/10.15496/publikation-94181
Dokumentart: Dissertation
Erscheinungsdatum: 2024-04-12
Sprache: Deutsch
Fakultät: 4 Medizinische Fakultät
Fachbereich: Medizin
Gutachter: Sturm, Heidrun Beate (PD Dr.)
Tag der mündl. Prüfung: 2024-03-13
DDC-Klassifikation: 610 - Medizin, Gesundheit
Freie Schlagwörter: Hausarztmangel
Ärztemangel
niedergelassene Ärzte
ambulante Versorgung
Nachwuchsmangel
ländliche Region
Perspektive niedergelassener Ärzte
bedrohte ambulante Versorgungsstruktur
Lizenz: http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_ohne_pod.php?la=de http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_ohne_pod.php?la=en
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Inhaltszusammenfassung:

Das elementare Ziel eines Gesundheitssystems besteht in der flächendeckenden und bedarfsgerechten medizinischen Versorgung der Bevölkerung. Eine gut funktionierende und belastbare Primärversorgung bildet dabei die entscheidende Grundlage. Vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung und dem dadurch bedingten steigenden Bedarf an medizinischen Leistungen steht die ambulante Versorgung vielerorts vor großen Herausforderungen. Das primäre Forschungsziel der Arbeit ist es, die aktuellen ambulanten Versorgungsstrukturen am Beispiel einer ländlichen Region (Landkreis Waldshut) mit regional stark unterschiedlicher Bevölkerungsverteilung und Infrastruktur zu analysieren. Zunächst soll die aktuelle haus- und gebietsärztliche Versorgungssituation des Landkreises dargestellt werden. Darauf aufbauend sollen die Versorgungsprobleme und mögliche Lösungsansätze aus Sicht der Ärzteschaft ermittelt werden, um daraus Handlungsoptionen für die zukünftige Sicherstellung einer bedarfsgerechten ambulanten Versorgung zu entwickeln. Genutzt wurde ein Mixed Methods-Ansatz bestehend aus einer schriftlichen Befragung aller niedergelassenen Ärzte im Landkreis (n=250, davon 120 Hausärzte) anhand eines selbst entwickelten Fragebogens und sechs persönlich geführten Experteninterviews mit ausgewählten Ärzten des Landkreises. Abgefragt wurden u. a. Alter, Praxisstruktur, Beurteilung der aktuellen Versorgungssituation und Planungen bzgl. der Nachfolge. Zur Auswertung wurden die 27 Gemeinden des Landkreises in fünf Regionen unterteilt. Die statistische Auswertung der Fragebögen erfolgte mittels SPSS. Die Auswertung der Interviews wurde nach Mayring durchgeführt. Die Rücklaufquote lag für Hausärzte bei 69,6%, für Gebietsärzte bei 42,2%. Dabei lagen aus 22 der 32 Gemeinden Antworten vor. Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass vielschichtige ambulante Versorgungsprobleme in ländlichen Regionen vorhanden sind. Die hausärztliche Versorgung im Landkreis Waldshut ist insgesamt kritisch. Die gebietsärztliche Versorgung variiert stark nach Fachgebiet und Gemeinde, ist aber insgesamt optimierbar. Vorrangig sind die Versorgungsprobleme bedingt durch die bereits geringe Ärztedichte und den bevorstehenden altersbedingten Praxisschließungen, bei gleichzeitig bestehendem Nachwuchsmangel. Dabei ist der Anschluss zu Studierenden und Ärzten in Weiterbildung eher niedrig, die aktive Suche nach einem Nachfolger erscheint schwach, Kooperationen und innovative Versorgungsstrukturen sind wenig ausgebildet. Die Antworten liefern Hinweise, dass sich die bereits bestehende Unterversorgung perspektivisch verschlimmern wird (mehr Praxisabgaben, Vergrößerung des Einzugsgebietes der verbleibenden Ärzte). Dies wird reflektiert in den angegebenen Befürchtungen der Ärzte hinsichtlich fehlenden Nachwuchses und mangelnder Kooperation. Aus den Antworten und der relativ hohen Rücklaufquote insbesondere von Älteren (>65J.) lässt sich schließen, dass Unzufriedenheit mit der derzeitigen Versorgungssituation verbunden mit Befürchtungen hinsichtlich der Zukunft sowohl bei Hausärzten wie auch Gebietsärzten herrschen. Gleichzeitig deuten die Ergebnisse dieser Befragung darauf hin, dass die vorhandenen Handlungsspielräume nicht ausreichend genutzt werden. Der am häufigsten thematisierte Aspekt ist der hohe Altersdurchschnitt der Ärzteschaft in Verbindung mit fehlendem Nachwuchs, was sowohl zum Zeitpunkt der Befragung als auch in den nächsten Jahren zu einer Anspannung in der Versorgungssituation, sowie zu einer Mehrbelastung der ansässigen Ärzte führt. Durch Delegation und Telemedizin wird bereits zum Teil versucht, den Mehrbedarf abzupuffern, allerdings ist insbesondere die Nutzung der Telemedizin noch deutlich ausbaufähig. Die Vorgänge, die zur hohen Frustration der Ärzteschaft bzgl. der Zusammenarbeit mit politischen Trägern, Krankenkassen und Hochschulen führte, müssen aufgearbeitet werden und zukünftig konstruktiver und kommunikativer gestaltet werden. Die Befragung weckte wohl als ein erster aktiver Lösungsschritt auch Hoffnungen. FAZIT: Die Befragung macht das Ausmaß der drohenden Unterversorgung in einem ländlich geprägten Landkreis deutlich. Sie bindet die Ärzteschaft als ersten Schritt in die Zukunftsgestaltung mit ein und kann so die Basis für eine gemeindeübergreifende, situationsangepasste gemeinsame Weiterentwicklung von Strukturen bilden.

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