Inhaltszusammenfassung:
Ultraschalldiagnostik ist ein seit Jahrzehnten fest etablierter Bestandteil der Schwangerenvorsorge. Sie trägt wesentlich zur Senkung der fetomaternalen Morbidität und Mortalität durch Erkennung und Monitoring von Risikoschwangerschaften bei. Insbesondere der II. Trimester-Ultraschall hat eine zentrale Bedeutung in der Beurteilung der fetalen Anatomie.
In dieser Arbeit sollten Erkenntnisse zum Stellenwert der praktischen, durch einen erfahrenen Untersucher begleiteten Ausbildung in der II. Trimester-Ultraschalldiagnostik gewonnen werden.
In Deutschland gibt es bezüglich des II. Trimester-Screenings mehrere überschneidende Systeme (GBA, Ultraschallvereinbarung der KBV, DEGUM, Leitlinien). In erster Linie regeln diese die Standards und Qualitätsanforderungen für eine Basisuntersuchung wie für eine weiterführende Ultraschalldiagnostik. Für die erforderliche Ausbildung von Assistenzärzten zur Erlangung der Basisanforderungen sind die Vorgaben der Weiterbildungsordnung der jeweiligen Landesärztekammer zuständig. Da diese jedoch nur Kennzahlen für eine erbrachte Menge an sehr unterschiedlichen Ultraschalluntersuchungen vorgeben, ist die tatsächliche Ausbildungsumsetzung in den deutschen Kliniken sehr heterogen.
Ziel der vorliegenden Untersuchung war, die Effektivität eines Ausbildungscurriculums bei 11 Assistenzärzten mit Basiskenntnissen im geburtshilflichen Ultraschall unter Anleitung eines DEGUM-Stufe III-Untersuchers zu analysieren. In dieser Dissertation wurden Lernkurven der pränatalen II. Trimester-Ultraschalldiagnostik im Rahmen eines Ausbildungscurriculums erstellt. Durchschnittlich erfolgten 27 begleitete Ultraschalluntersuchungen pro Teilnehmer. Die elf Untersucher mussten nach Standard der DEGUM Stufe I die Kopf-Biometrie, die Abdomen-Biometrie, die Femurlänge, den Vierkammerblick, den Nabelschnuransatz an der Bauchdecke, die Harnblase, das Cerebellum und die sagittale Wirbelsäule darstellen. Ein DEGUM-Stufe III-Untersucher hat die Untersuchungen begleitet, die Schallkopfführung teils korrigiert und die gemachten Bilder mit den Teilnehmern konstruktiv auf Fehler oder verbesserungswürdige Aspekte hingewiesen. Die Bilder wurden auf Vollständigkeit und Korrektheit geprüft. Die Prüfung wurde teilweise durch einen Zweitbegutachter, ebenfalls DEGUM-Stufe III, retrospektiv wiederholt. Hierbei zeigte sich eine sehr gute Übereinstimmung der Beurteilung. Die Interobservervariabilität wies einen Cohens Kappa Coeffizient von 0,885 auf.
Es zeigte sich, dass die Fehlerquote zu Beginn des Curriculums trotz Vorkenntnissen mit durchschnittlich 43% sehr hoch war. In den Lernkurven fand sich im Durchschnitt nach jeweils 10 Untersuchungen ein signifikanter Abfall der Fehlerhäufigkeit. Einzeln betrachtet war bei allen Ärzten nach 20 bis 30 Untersuchungen ein signifikanter Lernerfolg zu erkennen, die Ausprägung war jedoch individuell unterschiedlich. Die Gesamtfehlerquote konnte nach 30 durchgeführten Ultraschall-Untersuchungen auf 15% deutlich gesenkt werden. Einzelne Teilnehmer mit bis zu 50 Untersuchungen zeigten eine weitere Verbesserung und erreichten ein nahezu fehlerloses Ergebnis.
Aus den Studienergebnissen darf geschlossen werden, dass die Qualitätsanforderungen der DEGUM Stufe I durch unbegleitetes „learning-by-doing“ von vielen Assistenzärzten nicht erreicht werden. Bereits 10 begleitete Ultraschall-Untersuchungen mit Hands-on und Rückmeldung zu den akquirierten Bildern bringen eine signifikante Qualitätsverbesserung. Mindestens 30-50 gezielte Ausbildungsuntersuchungen erscheinen erforderlich, um eine befriedigende Untersuchungsqualität zu erreichen.
Folglich ist zu überlegen, ob neben den in der Weiterbildungsverordnung geforderten Kennzahlen und/ oder in Logbüchern zu dokumentierenden Einsatzzeiten, auch Ausbildungsstrukturen gefordert werden. Neben dem Einsatz eines erfahrenen Ultraschalluntersuchers außerhalb seiner klinischen Tätigkeit, erscheint auch der ergänzende Einsatz von Ultraschallsimulatoren, digitalen Lernprogrammen und KI-unterstützten Assistenzsystemen vielversprechend.
Ultraschalldiagnostik ist eine wertvolle Methode in der fetomaternalen Medizin, deren Effektivität jedoch untersucherabhängig ist. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass es einer Ausbildungsstruktur und Zeitinvestition bedarf, um die dafür erforderliche Untersuchungsqualität zu erreichen