Inhaltszusammenfassung:
In Tierversuchen konnten kortikospinale motorische Bahnen anterior des primärmotorischen Kortexin nicht-primärmotorischen Arealenüber invasive elektrische Stimulation aktiviert werden. Ziel dieser Arbeit war es, diese Bahnen nicht-invasiv mittels transkranieller Magnetstimulationbeim Menschensystematisch auf ihr Stimulierbarkeit hin zu untersuchen,und in einem zweiten Schritt dort plastische Effekte zu induzieren.Hierzu wurden in einer ersten Studie bei 13 gesunden Probandenmit verschiedenen Stimulationsmodalitäten(mono-vs. biphasisch, 45° vs 90° Spulenorientierung)Karten des motorischen und prämotorischen Kortex angelegt. Am motorischen Hotspotdes primärmotorischen Kortex‘und über demanteriorsten Punkt, an welchen motorische Antworten auf Stimulation festgestellt werden konnten,wurden zusätzlich Input-Output-Kurvenmit unterschiedlichen Stimulationsintensitätenerhoben.In einer zweiten Studie wurden bei 20 gesunden Probandenin fünf Sitzungenverschiedene plastizitätsinduzierende Interventionen(disinhibierendes TMS und/oder Bewegungsvorstellung) über prämotorischen Arealendurchgeführt, wobei die Intervention 20mm vor dem anteriorstenmotorisch evoziertem Potenzial des jeweiligen Probanden stattfand. Vor und zu zwei Zeitpunkten (15min und 60min)nach den Interventionen wurden erneut kortikaleKarten und Input-Output-Kurven erhoben.In beiden Studien gelang es, über prämotorischen Arealen motorisch evozierte Potenziale auszulösen, durchschnittlich 21.1 mm anterior und 4.3 mm medial des Hotspot des primärmotorischen Kortex‘. Dieser so definierte anteriore Punkt zeigte hinsichtlich der Latenz zwischenStimulation und motorischer Antwort keine Unterschiede im Vergleich zum primärmotorischen Kortex.Zusätzlichkonnteantero-lateralin der Kartierungein Areal ausgemacht werden, bei dem sich das Latenzverhalten abhängig von der Orientierung der Spule signifikant vom primärmotorischen Kortex unterschied. Als Maß für den Einfluss der Intervention auf prämotorische und primärmotorische Areale wurde die Änderung der Auftretenswahrscheinlichkeit von motorisch evozierten Potenzialen nach vs. vor der Intervention ermittelt. Hierbei zeigte sich für alle rechtshemisphärisch angewendeten Interventionen zusammen nach 60min eine Zunahme von 2,7% für den anterioren Interventionspunkt und von 2,3% für den primärmotorischen Hotspot. Fasst man die Interventionen mit Bewegungsvorstellung durch den Probanden mit gleichzeitiger TMS zusammen, zeigte sich eine Zunahme der Auftretenswahrscheinlichkeit nach 60min von 4,8% für den anterioren Interventionspunkt und 6,6% für den primärmotorischen Hotspot. Für den anterioren Interventionspunkt konnte lediglich die Intervention mit Bewegungsvorstellung und anschließender TMS eine signifikante Zunahme von motorisch evozierten Potenzialen erreichen (2,5%). Für den primärmotorischen Hotspot, konnte sie größte Zunahme der Auftretenswahrscheinlichkeit nur bei Bewegungsvorstellung und gleichzeitigen TMS erreicht werden (7,7%).AmInterventionspunkt zeigte sich gegenüber dem Hotspot ein deutlich höherer Anteil von motorisch evozierten Potenzialen mit kurzer Latenz(etwa 25ms) gegenüber langer Latenz (28ms) (Interventionspunkt:70% schnelle motorisch evozierte Potenziale/30% langsame, Hotspot:41% schnelle/59% langsame).Die Zusammenschau aller Ergebnisse der beiden Studien legen den Schluss nahe, dass die anterior des primärmotorischen Kortex beobachteten motorisch evozierten Potenzialedurch Stimulation direkter kortikospinaler Projektionen aus dem prämotorischen Kortex entstanden sind.Die Stimulation subkortikaler kortikospinaler Faserbahnen aus dem primärmotorischen Kortexoder indirekte Stimulation des primärmotorischen Kortex durch exzitatorische kortikokortikale Projektionen aus dem prämotorischen Kortex erscheinen auf Basis der Ergebnisse, insbesondere unter Berücksichtigung der ermittelten Latenzen unwahrscheinlich.Die durch die Interventionen beabsichtigte plastische Beeinflussbarkeit der Erregbarkeit der prämotorischen kortikospinalen Faserbahnen konntenicht beobachtet werden, was allerdings durch einen sehr weit anterior gewählten Interventionspunkt erklärt werden kann.Hingegenführte die Intervention, bei der die Magnetstimulation wie beschrieben prämotorisch stattfand,zu einersignifikant erhöhtenkortikospinale Erregbarkeit desprimärmotorischen Kortex. Dies kann am ehesten über kortikokortikale, disinhibierende Mechanismen erklärt werden.