Inhaltszusammenfassung:
Das Antiepileptikum Phenobarbital gilt als Paradebeispiel eines nicht genotoxischen Kanzerogens, dessen Wirkung in Nagetieren unumstritten ist, im Menschen aber als nicht gesichert gilt.
Eine chronische Gabe von Phenobarbital führt zu einer Promotion von hepatozellulären Adenomen, die sich durch Mutationen des Ctnnb1-Gens auszeichnen, welche zu einer Stabilisierung von β-Catenin und somit zu einer Aktivierung des Wnt-Signalwegs führen. Neben β-Catenin spielen auch die Proteine CAR und Connexin 32 eine essenzielle Rolle bei der tumorpromovierenden Wirkung von Phenobarbital. Paradoxerweise inhibiert Phenobarbital zudem die Ausbildung von HCCs, in denen wenig bis kein Connexin 32 und CAR exprimiert wird, aber eine Aktivierung des Wnt-Signalwegs vorliegt.
Im Rahmen dieser Arbeit konnte durch in vitro Versuche gezeigt werden, dass Phenobarbital in der Lage ist, die cytosolischen β-Catenin-Spiegel in Maus-Hepatomzellen zu reduzieren. Mit Hilfe der Luminex-Technologie konnte der zeitliche Verlauf des Einflusses von Phenobarbital auf die verschiedenen β-Catenin-Spezies beobachtet werden. Des Weiteren konnte eine Inhibition der mRNA-Expression von Ctnnb1 und eine Steigerung des proteasomalen Abbaus über den destruction complex, und somit eine konventionelle, über den kanonischen Wnt-Signalweg vermittelte Regulation, als Erklärung für die Abnahme des cytosolischen β-Catenin-Spiegels durch Phenobarbital ausgeschlossen werden. Durch Untersuchungen der Expression und Aktivität der cytosolischen Proteasen der Calpain-Familie konnte gezeigt werden, dass die proteolytische Spaltung der N-terminalen regulatorischen Domäne von β-Catenin und somit die Stabilisierung des β-Catenins durch Phenobarbital vermindert wird. Letzten Endes scheint aber die Phenobarbital-vermittelte Inhibition der Src-Kinase und somit eine Reduktion der elF4E-vermittelten Translation von β-Catenin ausschlaggebend für den beobachteten Effekt auf den Wnt / β-Catenin-Signalweg zu sein.
Die Unterdrückung des Wnt-Signalwegs durch die hier beschriebenen CAR-unabhängigen Mechanismen kann zum Verständnis der in der Literatur beschriebenen paradoxen Effekte von Phenobarbital und der Selektion bestimmter hepatozellulärer Tumore beitragen.