Inhaltszusammenfassung:
Die Arbeit beschäftigt sich mit dem Konzept der 'Islamisierung der Wissenschaften', wie es seit den 70er Jahren initiiert von Muslimen in Amerika in Abgrenzung zu einer westlichen Wissenschaftslogik propagiert wird. Dazu wurden drei Fallstudien erstellt, welche die Ausrichtung der sog. 'Islamischen Soziologie' in der islamischen Welt thematisieren.
Das Islamisierungsprojekt als Form eines Indigenisierungsbestrebens sieht als sein Ziel die Wiedererlangung einer Einheit von glaubensmäßiger und wissenschaftlicher Welterfassung, was auf politischem Gebiet seine Parallele in der Forderung nach Einheit von Religion und politischem Handeln bzw. Rechtssetzung hat. Die Kritik an der westlichen Soziologie kreist um die Unvereinbarkeit der positivistischen Weltsicht mit einer religiös ausgerichteten Wissenschaft, die transzendente Aussagen als unhinterfragbare Postulate in ihre Forschung miteinbeziehen will.
Die zentralen Fragen, die sich vor dem Hintergrund der Debatte um globale ethische Standards ergeben, sind: Ist die neue Form 'Islamischer Soziologie' nach herrschendem Wissenschaftsverständnis überhaupt als Sozialwissenschaft anzusehen oder müsste sie wegen der bewussten Wertbindung als Disziplin der islamischen Theologie eingestuft werden? Ist der Paradigmenwechsel von der universalistischen zur indigenisierten Sozialwissenschaft in der islamischen Welt als Teil einer umfassenden Krisenerfahrung zu erklären? Wie sieht demnach die Zukunft der 'scientific community' in der islamischen Welt aus?