Inhaltszusammenfassung:
In der regenerativen Medizin stellt der Einsatz von Stammzellen und Zellen, wie den Endothelzellen (ECs) und deren Vorläufern, einen vielversprechenden Ansatz in der Gewebereparatur und Regeneration durch das Fördern der Angiogenese dar. Ver-schiedene Ansätze werden von Forschenden untersucht, um die Vaskularisierung von Geweben oder Organen zu verbessern. Beispiele hierfür sind, unter anderem die Schaffung künstlicher Blutgefäße oder die Optimierung der Mikrozirkulation bei peri-pherer arterieller Verschlusskrankheit, aber auch bei Gefäßverschlüssen, welche zum Myokardinfarkt führen können. Des Weiteren können ECs in Biomaterialien integriert oder auf Biomaterialien angebracht werden, um die Hämokompatibilität von Implanta-ten zu verbessern.
Endotheliale Progenitorzellen (EPCs) nehmen eine wichtige Stellung in der Neovas-kularisierung von Geweben ein, die durch ischämische Erkrankungen wie dem Myokardinfarkt oder dem ischämischen Insult verursacht werden. Ihre sehr geringe Anzahl und Homing-Rate schränken ihren klinischen Einsatz in der Behandlung von ischämischen Erkrankungen ein. Um das therapeutische Potenzial von EPCs zu ver-bessern, wurden im Rahmen dieser Arbeit murine EPCs mit synthetischen mRNAs, die für den C-X-C-Motiv-Chemokinrezeptor 4 (CXCR4) und dem P-Selektin Glykopro-tein-Ligand 1 (PSGL-1) kodieren transfiziert, um die Homing- und Migrationseffizienz von EPCs zum entzündeten Endothel zu verbessern. Durchflusszytometrische Mes-sungen konnten zeigen, dass die Transfektion von EPCs mit CXCR4 und PSGL-1-mRNA im Vergleich zu unmodifizierten EPCs zu einer erhöhten Expression dieser Marker auf der Zelloberfläche führte und dabei keinen negativen Einfluss auf die Zell-viabilität hatte. CXCR4-mRNA-modifizierte EPCs zeigten in einem chemotaktischen Migrationstest ein signifikant höheres Migrationspotenzial als unmodifizierte EPCs. Die Bindungsstärke der EPCs an das entzündete Endothel wurde mit Hilfe der Einzelzell-Atomkraftmikroskopie (AFM) bestimmt. Dabei zeigte sich, dass die mRNA-modifizier-ten EPCs eine dreifach höhere Ablösekraft benötigten, um sich vom TNFα-aktivierten Endothel abzulösen als unmodifizierte EPCs. Des Weiteren konnte in einem dynami-schen Flussmodell eine signifikant höhere Bindung der mRNA-modifizierten EPCs an das entzündete Endothel festgestellt werden.
Neben der Therapie von ischämischen Erkrankungen mit endothelialen Progenitorzel-len, können auch (aus)differenzierte ECs eingesetzt werden, um die Eigenschaft von
IV
Biomaterialien zu verbessern. Insbesondere bei künstlichen Lungen, die bei der extra-korporalen Membranoxygenierung (ECMO) verwendet werden, können ECs eingesetzt werden, um die bislang schlechte Hämokompatibilität zu verbessern und eine längere Anwendungsdauer zu ermöglichen. Aus diesem Grund wurde im zweiten Teil der vorliegenden Arbeit eine neuartige Strategie zur effizienteren Endothelialisie-rung blutkontaktierender Materialien entwickelt, um die Hämokompatibilität zu verbessern. Hierfür wurden Hohlfasermembranen (HFMs) mit Dibenzylcyclooctin (DBCO) funktionalisiert, und ECs durch metabolische Modifikation mittels kupferfreier Klick-Chemie kovalent an die Membran konjugiert. Die metabolische Modifizierung der Zellen mit Azidoacetylmannosamin-tetraacyliert (Ac4ManNAz) führte zu einer hochef-fizienten Funktionalisierung von ECs mit Azid (N3)-Molekülen auf der Zelloberfläche ohne negative Auswirkungen auf die Viabilität. Nach 48-stündiger Inkubation der Zel-len mit den DBCO-funktionalisierten Membranen, konnte im Vergleich zu unmodifizierten HFMs eine deutlich verbesserte Endothelialisierung gezeigt werden. Die Zellen reagierten nach Stimulation mit TNFα und exprimierten adhäsionsfördernde Moleküle (E-Selektin, VCAM-1 und ICAM-1). Des Weiteren wurde durch dynamische Inkubation mit frischem humanem Blut die Hämokompatibilität untersucht. DBCO-be-schichtete und unbeschichtete HFMs zeigten eine vergleichbare Hämokompatibilität bei der vermehrte Zellablagerung nachgewiesen werden konnten. Die Endothelialisie-rung der HFM reduzierte deutlich die Thrombozytenaktivierung und die Gerinnung. Interessanterweise führte die Inkubation endothelialisierter HFM mit humanem Blut zu einer weiteren Reduktion der E-Selektin- und VCAM-1-Expression auf den ECs. Die so etablierte, hocheffiziente und zellkompatible Methode, die auf der kupferfreien Klick-Chemie beruht, kann zur Endothelialisierung von künstlichen Lungen, aber auch an-derer Biomaterialien eingesetzt werden, um die Biokompatibilität zu verbessern.